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Expertenrat

Ich möchte mein Haus mit ökologischen Dämmstoffen dämmen. Wie kann ich den Schießscharteneffekt an den Fenstern verhindern und die Dämmplatten richtig anbringen?

Frage von Jochen  M. am 13.04.2020 

Bei meinem Reihenmittelhaus möchte ich mit einem ökologischen Dämmstoff und Holzverschalung die Außenwände dämmen. Das Dach ist einigermaßen gedämmt (ca. 20 cm). Die Fenster haben eine 2-Scheiben-Verglasung (ca. 13 Jahre alt, Ug 1,1). Da die Fenster noch nicht so alt sind, möchte ich sie nicht ersetzen und wegen der innen liegenden Fensterbänke und des Aufwandes auch nicht nach außen versetzen.

Ich möchte die Dämmung in Eigenregie durchführen und hatte schon einen Energieberater vor Ort. Er konnte mir die technischen Detailfragen jedoch auch nicht beantworten. 

Nun meine Fragen:

1. Um der Verdunklung und einem Schießscharteneffekt durch eine Dämmung von 150-200 mm entgegenzuwirken, überlege ich, eine Art keilförmige Dämmung im Fensterbereich anzubringen. Kennen Sie dazu Systeme aus Holzfaserplatten oder andere Möglichkeiten?

2. Der jetzige Dachüberstand beträgt ca. 60 cm. Das Haus hat zwei Vollgeschosse, ist also ca. 6 m hoch bis unter das Dach. Reicht dann ein bleibender Dachüberstand von ca. 35-40 cm aus?

3. Ist es möglich, 15 bis 20 cm starke Holzfaserplatten von Gutex oder Steico aufzukleben und direkt mit einer Konterlattung ins Mauerwerk zu schrauben, sodass auf die Konterlattung die Holzverschalung geschraubt wird?

Antwort von Dipl.-Ing. Frank Nowotka 

Dämmkeile für die Kompensation von Wärmebrücken bei Innendämmungen im Bereich der Flanken kenne ich von verschiedenen Herstellern – aus Holzfaserdämmstoff ausgeführt z. B. von Steico oder Gutex. Allerdings ist mir nicht klar, wie Sie mithilfe solcher Keile den „Schießscharteneffekt“ bei einer Außendämmung mindern wollen. 


Sie würden mit einer solchen Konstruktion die ohnehin problematische Wärmebrücke im Bereich der äußeren Fensterlaibungen verstärken, da die Verbreiterung nach außen auch zu einer Minderung der wirksamen Dämmstoffstärke im Laibungsbereich führt. Es wird ohnehin wenig Platz zwischen Fensterrahmen und Laibung sein. 


Eine Möglichkeit besteht eventuell darin, den äußeren Laibungsstein der Außenwand (Fensteranschlag) abzubrechen, bzw. in Richtung des Fensterrahmens schräg abzuflexen, sofern der Fenstersturz dies zulässt. Im Bereich der neuen (nach außen sich verbreiternden) Laibung käme dann ein spezieller Hochleistungsdämmstoff (z. B. PU-Schaum) zum Einsatz, mit dem Sie bei geringer Dämmstoffstärke den gleichen wärmedämmenden Effekt wie mit Holzfaserdämmstoff erzielen können. 


Eine andere, bauphysikalisch optimale, aber kostenintensive Lösung besteht tatsächlich im Einbau neuer Fenster, die nach außen verschoben, in der Dämmebene eingesetzt werden. Der Rahmen der notwendigerweise etwas kleineren Fenster würde hier von der Holzfaserdämmung überdämmt.


Der reduzierte Dachüberstand sollte bei einer hinterlüfteten Holzschalung, z. B. aus Lärchenholz, keine Probleme machen, sofern eine schlagregendichte Konstruktion ausgeführt wird. 


Die Holzfaserdämmplatten werden bei einer anschließend geputzten Dämmung mit einem Klebemörtel an der Fassade angeklebt und müssen zulassungsbedingt nach einem speziellen Plan mit wärmegedämmten Dübeln zusätzlich befestigt werden. 


Bei einer Wärmedämmung mit hinterlüfteter Holzfassade würde man dagegen üblicherweise mit einer auf der Wand aufgeschraubten Holzlattenkonstruktion arbeiten, bei der in die Zwischenräume eine Holzweichfasermatte eingeschoben wird. Um Wärmebrücken zu vermeiden, sollte die Dämmstoffschicht in zwei Lagen verlegt werden, wobei die zweite Lattenlage kreuzweise zur ersten Lage angebracht wird. 


Nach dem Einbringen der Holzweichfasermatten wird abschließend eine diffusionsoffene Winddichtungsschicht aufgezogen. Nach der Montage der Konterlattung erfolgt der Aufbau des Schalungssystems als äußerer Abschluss. 


Ich gebe zu bedenken, dass eine Wärmedämmung mit hinterlüfteter Schalung bei ansonsten gleicher wärmedämmender Wirkung gegenüber einer verputzten Variante noch mehr aufträgt, da für das Schalungssystem etwa 5 bis 8 cm zusätzlich zu veranschlagen sind. 


Es ist sicher technisch möglich, auf die aufgeklebten Holzfaserdämmplatten die Konterlattung direkt zu verlegen und mit der Wand zu verankern. Es könnte sich aber um eine bautechnisch allgemein nicht zugelassene Konstruktion handeln. Sie sollte sich eine solche Lösung daher vom Systemhersteller bestätigen lassen.


Kommentare

Jochen  M.

Vielen Dank für die sehr umfangreiche Antwort.

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