Nahwärme und Fernwärme - wie funktionieren Wärmenetze?
Wärmenetze transportieren heißes Wasser von einem zentralen Heizwerk über gedämmte Rohre und Wärmetauscher, so genannte Hausübergabestationen, in die einzelnen Haushalte. Die Technik ist äußerst wartungsarm und im Haus platzsparend. Derzeit liegt der Anteil der Nah- und Fernwärme am Endenergieverbrauch der deutschen Haushalte bei rund 14 Prozent – jeder siebte Haushalt nutzt also die zentrale Heiztechnik. Rund sechs Millionen Gebäude sind an Wärmenetze angeschlossen. Das sollen künftig deutlich mehr werden, und die Energie der Wärmenetze grüner.
In Deutschland stammt die Energie in Wärmenetzen aktuell zu rund 23 Prozent aus erneuerbaren Energien und Abwärme. Bei den restlichen 77 Prozent wird meist Erdgas und Kohle verheizt, auch Müll kommt als "Brennstoff" zum Einsatz. Künftig müssen die Wärmenetzbetreiber den fossilen Anteil vollständig ersetzen. Möglichkeiten sind zum Beispiel Großwärmepumpen, große Solarthermie-Anlagen, Geothermie, Bioenergie und Abwärme aus industriellen Prozessen - oder eine Kombination daraus.
Wärmenetze, die heute noch fossil betrieben werden, müssen bald Transformationspläne erstellen und auf erneuerbare Energien umsteigen. Dieser Umstieg ist schneller umsetzbar als bei Einzelheizungen. Wird ein Wärmenetz umgerüstet, heizen je nach Größe des Gebiets im Extremfall viele tausende Haushalte auf einen Schlag klimaneutral. Ein Beispiel: In Mannheim mit 310.000 Einwohnern sind mehr als 60 Prozent der Haushalte an ein Wärmenetz angeschlossen. Bis 2030 soll die Wärme im Netz komplett klimaneutral – hauptsächlich auf der Basis geothermischer Wärme – erzeugt werden. Hätten alle angeschlossenen Haushalte eine eigene Heizung, würde der Austausch wesentlich länger dauern und wäre teurer.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Nahwärme und Fernwärme?
Der Unterschied zwischen Nahwärme und Fernwärme liegt nur in der Größe des Wärmenetzes. Handelt es sich um kleinere, dezentrale Netze, spricht man von Nahwärme. Ist das Wärmenetz dagegen größer und erreicht viele Haushalte, ist von Fernwärme die Rede. Die dahinterstehende Technik ist aber die gleiche.
--> Interessant zu wissen: Werden 2 bis 16 Gebäude mit Wärme und Warmwasser versorgt, spricht man von einem Gebäudenetz. Werden mehr als 16 Gebäude oder 100 Wohneinheiten mit leitungsgebundener Wärme versorgt, dann handelt es sich um ein Wärmenetz.
Wo sind Nahwärme und Fernwärme sinnvoll?
Klassische Wärmenetze eignen sich vor allem in dicht besiedelten Gebieten. Vor allem in Städten und Ballungszentren ist der Anschluss an ein Wärmenetz oft die beste Lösung, wenn Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden. Können nämlich viele große Gebäude an das Wärmenetz angeschlossen werden, macht das das Netz wirtschaftlicher. Für die Wärmenetze spricht auch, dass in dicht bebauten Quartieren oft nicht genug Platz für Wärmepumpen zwischen den Häusern ist.
Aber auch im ländlichen Raum – wenn die Siedlungsdichte einen wirtschaftlichen Betrieb zulässt – kann sich die leitungsgebundene Wärmeversorgung lohnen. Hier trägt oft Bioenergie einen relevanten Beitrag zur Wärmeerzeugung bei. Für einen effizienten Betrieb eines Wärmenetzes ist der ländliche Raum aber nicht immer optimal: Ist das Gebiet dünn besiedelt, sind lange Leitungen für wenige Kunden erforderlich. Dadurch geht viel Wärme während des Transports in die entfernteren Gebäude verloren.
Für Neubaugebiete bietet sich die kalte Nahwärme als etablierte Versorgungstechnologie an. Bei dieser Form wird Wärme zum Beispiel aus Erdsonden über eine Leitung zu den Gebäuden gebracht, in denen dann dezentrale Wärmepumpen die Wärme auf das erforderliche höhere Temperaturniveau bringen.
Wie viel kostet das Heizen mit Nahwärme und Fernwärme?
Es gibt in Deutschland aktuell rund 500 Wärmenetzunternehmen, die knapp 3.800 Wärmenetze betreiben. Je nach Anbieter fallen die Preise unterschiedlich hoch aus. Wer sich für den Anschluss an ein gut geplantes und im Betrieb optimiertes Wärmenetz entschließt, hat am Ende in der Regel weniger Kosten als im Fall einer neuen Gas-, Öl- oder Pelletheizung. Die Rechnung beruht auf einer Betriebsdauer von 20 Jahren und berücksichtigt alle anfallenden Kosten. Bei einem solchen Preisvergleich müssen die Investitionskosten für den Wärmenetzanschluss sowie für den dezentralen Kessel inklusive der Wartungs- und Reparaturkosten mit eingerechnet werden. Ein reiner Vergleich der Wärmepreise mit den Brennstoffpreisen bringt nichts.
Kostenbeispiele Mehrfamilienhaus und Einfamilienhaus
Das Beispiel eines typischen Mehrfamilienhauses mit sieben Parteien zeigt, dass die Nutzung eines Wärmenetzes günstiger ist. Die Vollkosten liegen pro Jahr rund 1.300 Euro unter denen eines Gasbrennwertkessels. Insgesamt belaufen sich die Kosten der Wärmenetznutzung auf knapp 37.000 Euro jährlich. Die Gasbrennwertheizung kommt auf 38.000 Euro. Nicht berücksichtigt in der Rechnung ist die Förderung eines Wärmenetzanschlusses, sie vergünstigt die Variante Wärmenetz noch einmal spürbar. Aktuell liegt die Förderung bei bis zu 40 Prozent. Das Beispielhaus hat eine Wohnfläche von 600 Quadratmetern und verbraucht rund 12.000 Kubikmeter Gas im Jahr. Der angenommene Arbeitspreis liegt bei knapp 16 Cent pro Kilowattstunde, beim Wärmenetz bei 14 Cent – beide Preise sind im Juli 2023 typische Werte.
In einem Ein- oder Zweifamilienhaus mit 150 Quadratmetern Wohnfläche kommt der Wärmepreisrechner der KEA-BW auf jährliche Wärmenetz-Vollkosten von etwa 8.900 Euro. Die jährlichen Vollkosten bei einem Erdgasbrennwertkessel liegen um rund 900 Euro höher bei rund 9.800 Euro. Auch hier ist die Förderung eines Wärmenetzanschlusses nicht berücksichtigt, mit ihr sinken die Kosten einer Wärmenetznutzung.
Bei den Investitionskosten gilt: Steigen Eigentümer auf Nah- oder Fernwärme um, fallen einmalige Umstellungskosten an. Darunter fallen die Kosten für den Ausbau der alten Heizung, den Anschluss an das Wärmenetz sowie den Einbau der Fernwärmeübergabestation. Diese Kosten liegen bei etwa 8.000 bis 15.000 Euro, werden aber mit bis zu 70 Prozent Zuschuss gefördert.
Vorteile von Nahwärme und Fernwärme
Für Eigentümer:innen ist die Nutzung eines Wärmenetzes sehr komfortabel. Wer sich an ein Wärmenetz anschließt, benötigt keine eigene Heizungsanlage und keinen Raum zur Lagerung von Brennstoffen mehr, ist weniger abhängig von Preissteigerungen bei fossilen Energieträgern und zahlt oft geringere Wärmepreise. Auch um den Brennstoffkauf, die Wartung der Technik und den Schornsteinfeger müssen sich Eigentümer dann nicht mehr kümmern.
Nachteil von Nahwärme und Fernwärme
Wer sich für ein Wärmenetz entscheidet, kann nicht zu einem anderen Versorger wechseln, denn jedes Fernwärmenetz ist ein lokales Monopol. Das führt teilweise zu intransparenten und hohen Kosten. Da sich Eigentümer:innen langfristig an einen Anbieter binden, sollten sie Umstieg und Kosten vorher gut abwägen. Einen ersten Überblick über die lokalen Preise erhalten Sie zum Beispiel auf dieser Plattform.
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